Pflege

Ausnahmezustand in der Pflege

25. September 2025
ichbinarzt Redaktion

Corona hat offengelegt, was lange übersehen wurde: Die Intensivpflege war schon vor der Pandemie stark belastet. Ein Gespräch mit einer erfahrenen Intensivpflegerin.

Teamarbeit in der Intensivpflege

Frage: Haben Sie Zweifel, dass es diesmal gelingt?
Andrea: Nein. Wir arbeiten als Team sehr gut zusammen, improvisieren und stimmen uns schnell ab. Ohne die enge Kooperation von Ärztinnen, Ärzten und Pflegekräften wäre die Intensivpflege in dieser Pandemie nicht möglich.

Frage: Gibt es trotz der Belastung Momente von Zufriedenheit?
Andrea: Ja. In der Intensivpflege braucht man ein dickes Fell, Einfühlungsvermögen, Kompetenz und Erfahrung. Es ist befriedigend, wenn wir schwierige Situationen gemeinsam meistern. Die gegenseitige Anerkennung im Team gibt mir viel.

Anerkennung der Pflegekräfte – „Klatschen reicht nicht“

Andrea B. arbeitet seit vielen Jahren auf einer Intensivstation. Für dieses Interview möchte sie anonym bleiben. Der Redaktion ist ihr Name bekannt.

Frage: In der Pandemie gab es mehr öffentliche Anerkennung. Hat Sie das gefreut?
Andrea: Ehrlich gesagt nein. Klatschen gehört für mich ins Stadion. Es wirkt, als hätte man erst jetzt bemerkt, dass unsere Arbeit besonders ist. Eine einmalige Prämie ist auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir brauchen dauerhafte Verbesserungen – nicht symbolische Gesten.

Frage: Warum reagieren Sie so kritisch?
Andrea: Weil ich meinen Beruf aus Überzeugung gewählt habe. Ich brauche weder Mitleid noch Applaus. Was wir brauchen, ist Respekt – und bessere Arbeitsbedingungen.

Andrea B. ist seit vielen Jahren auf einer Intensivstation tätig und schildert uns in einem Interview was sie motiviert, was sie frustriert und belastet und trotz aller Widrigkeiten am Laufen hält. Aus beruflichen und privaten Gründen möchte die Intensivpflegerin (hier Andrea B. genannt) das Interview anonym führen. Der ichbinarzt-Redaktion ist der Name bekannt.

Pflege im Wandel – persönliche Konsequenzen

Frage: Hat die Pandemie Ihre Sicht auf den Beruf verändert?
Andrea: Ja. Ich habe entschieden: Wenn die Pandemie vorbei ist, verlasse ich die Intensivstation und nehme mir ein Jahr Auszeit. Jetzt gehe ich noch nicht – das wäre wie im Stich lassen. Vielleicht mache ich danach auch etwas ganz anderes.

Frage: Klingt nach viel Frust.
Andrea: Den gibt es. Viele überlegen, den Beruf zu verlassen oder eine Pause einzulegen. Entlastung ist nicht in Sicht.

Vergütung in der Pflege – wichtig, aber nicht entscheidend

Frage: Spielt Geld dabei eine Rolle?
Andrea: Geld ist wichtig, besonders in Städten mit hohen Lebenshaltungskosten. Aber die meisten in der Pflege arbeiten nicht wegen des Geldes. Viele hören auf, weil die Belastung zu hoch ist.

Frage: Warum ist die Verweildauer in der Pflege so kurz?
Andrea: Der Hauptgrund ist die gestiegene Arbeitsintensität. Wir stehen permanent unter Druck. Auf Dauer hält das niemand aus.

Zukunft der Pflege in Deutschland

Frage: Wie wird sich die Pflege in den nächsten Jahren entwickeln?
Andrea: Politisch wird seit Jahren viel geredet. Die Probleme sind bekannt, geändert hat sich wenig. Jetzt stehen wir durch die Pandemie im Fokus – aber wenn sie vorbei ist, wird vieles wieder in alte Muster zurückfallen.

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