Dienstag, 13. Juni

Achtung Student

Medizinstudenten

von Johanna Weiß

Was sind wir Medizinstudenten doch beliebt. Überall wo wir auftauchen, werden wir mit offenen Armen empfangen. Ob Pflege der Notaufnahme, Stations- und OP-Pflege oder Ärzte und Oberärzte. Alle freuen sich, uns zu sehen. Schön wäre es zumindest. Die Wahrheit sieht oft anders aus. In vielen Bereichen haben wir Studenten nicht ganz so einen guten Ruf. Aber warum ist das so? Und können wir etwas dagegen tun?

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Ich mache eine Famulatur auf der gastroenterologischen Station. Als ich am ersten Tag dort ankomme, melde ich mich bei einer Schwester und sage, wer ich bin. Sie zieht nur die Augenbrauen hoch, macht ein grummeliges „Hm.“ und führt mich ins Arztzimmer, wo ich mich umziehen kann. Die Stationsärztin begrüßt mich und erklärt mir, dass es besser ist, wenn ich mich gleich der Stationsschwester vorstellen gehe. Das hätte ich zwar eh gemacht, aber nach der eindringlichen Warnung schien es mir eine besonders gute Idee zu sein. Die Begrüßung durch die restlichen Pflegekräfte fiel nicht anders aus. Ich gab mir jedoch viel Mühe, half mit, wo ich konnte und ließ mir auch das ein oder andere von Ärzten und Pflege zeigen. Am Ende der Woche verstanden wir uns super. Eine Schwester sagte dann zu mir „Ich dachte schon, du bist auch so abgehoben, wie unsere PJlerin.“.

Eine Woche später lerne die besagte PJlerin der Station dann kennen. Nun ging mir ein Licht auf. Die Dame lief umher und gab den Schwestern Anweisungen, als wäre sie eine Oberärztin. Alle, die nicht mindestens Medizin studiert haben, haben ja eh keine Ahnung. Aha. Dass sie nicht besonders beliebt bei den Schwestern und Pflegern war, war mir nun klar. Das Schlimme aber war, dass sie praktisch eigentlich kaum etwas konnte. Wurde ihr aber nicht von einem Arzt etwas gezeigt, wollte sie das gar nicht hören. Als sie die Aufgabe erhielt eine Flexüle zu legen, gab sie nach dem dritten Versuch genervt auf und sagte „Ich hab dafür jetzt keine Zeit, das können ja auch die Schwestern machen. Ich hab Wichtigeres zu tun.“. Da war ich sehr verblüfft. Dass solch ein Verhalten bei der Pflege nicht gut ankommt, brauch ich wahrscheinlich nicht zu erwähnen.

Andere Medizinstudenten fragen erst einmal ganz selbstverständlich nach, was man denn für sie zu essen und zu trinken besorgt hätte. Schließlich gibt es ja für die Ausbildung Geld und dafür könne man ihm ja schließlich etwas zu essen besorgen. Das war für mich eine ganz neue Betrachtungsweise. Bei meinem nächsten Praktikum hätte ich dann gern jeden Tag  ein Rinderfiletsteak und ein gutes Glas Wein. Alles klar?

Auch Ärzte freuen sich sehr über Studenten, die mit der gefühlten Lebenserfahrung von 150 Jahren aufwarten wollen. Ich habe einmal einen PJler in der Notaufnahme erlebt, der seit einer halben Stunde Kaffee trinkend in der Ecke saß. Als der Oberarzt dann dazu kam und fragte, ob der Entlassungsbrief eines Patienten fertig wäre, meinte der PJler, dass der Brief fertig ist und dem Patienten gegeben werden könne. Natürlich wollte der Oberarzt diesen Brief erst lesen. Daraufhin eschauffierte sich der Student, dass er das noch nie erlebt hätte. Schließlich kann er schon lange Briefe schreiben und er müsse nicht kontrolliert werden. Natürlich hat der Oberarzt den Brief kontrolliert und siehe da, es fehlten die Vitalparameter. Auf Nachfrage, wo diese Werte denn wären, kam als Antwort nur „Ich habe das bereits den Schwestern angeordnet. Die haben das aber noch nicht gemacht.“. Der Oberarzt wurde langsam wütend. „Sie haben selbst zwei Hände. Das hätten Sie doch längst erledigen können, statt hier stundenlang Kaffee zu trinken.“ Als die Antwort „Das ist nicht meine Aufgabe, schließlich werde ich Arzt.“ kam, flog der PJler hochkant aus der Notaufnahme.

Es gibt also Exemplare von uns, die sich leider nicht sehr rühmlich verhalten. Aber sind wir deshalb alle so? Nein. Wie so oft fallen natürlich die Extreme stark auf und bleiben in Erinnerung. Dann passiert es, dass genau diese einzelnen Studenten für Vorurteile über alle Studenten sorgen. Es gibt aber auch viele Studenten, die sich viel zeigen lassen und helfen, wo sie können. Aber leicht wird einem das nicht gemacht. Oft entsteht das Gefühl, dass man nicht erwünscht ist. Bei manch einem lässt das vielleicht jegliche Motivation schwinden.

Damit jedoch die Motivation erhalten bleibt, müssen beide Seiten etwas aufeinander zugehen. Mehr (sachliche) Kommunikation und respektvoller Umgang miteinander, sind dabei wichtige Partner.

Und aus eigener Erfahrung kann ich nur folgende Tipps geben:

Liebe Medizinstudenten, wollt ihr zum Beginn eures Arztdaseins erfahrene Leute an eurer Seite haben, die euch auch mal Arbeit abnehmen und bei praktischen Dingen helfen, dann stellt euch mit der Pflege gut. Von ihnen könnt ihr eine Menge lernen. Außerdem ist es ganz praktisch, wenn man während des Nachtdienstes auch nicht wegen jeder Kleinigkeit geweckt wird. Zeigt ihr euch auch der Pflege gegenüber kollegial, bekommt ihr das meist in gleichem Maße zurück. Hier und da mal ein nettes Wort oder ein „Bitte“ und „Danke“ können oft Wunder bewirken. Nehmt ihr dann noch selbst Blut ab oder messt einmal selbst den Blutdruck, kann euch eigentlich gar nichts mehr passieren. Und um Himmels Willen legt euch nicht mit dem Oberarzt an.

Liebe Pflege, bitte habt ein Herz. Wir sind nicht alle so. Viele Medizinstudenten sind sehr nett und auch gewillt etwas zu lernen. Habt bitte etwas Geduld mit uns, gebt uns eine Chance und ab und zu ein Lächeln. Medizinstudenten können nämlich auch ganz nette und hilfreiche Wesen sein.

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