Buchrezension
Dass an deutschen Kliniken nicht immer alles ganz koscher zugeht, ist zum Glück meist nur Fiktion. So wie in „Giftgrün“, dem Roman von Krimi-Autorin Bettina Plecher, die ihre Protagonistin Frieda May hier ihre ganz eigene Horror-Story erleben lässt.
Mit dem Doktortitel in der Tasche hat Frieda eigentlich ganz andere Pläne. Ihren Träumen folgen, auswandern, Entwicklungshilfe leisten. Ihr Doktorvater Professor Gabor Nader aber hat das so nicht für sie vorgesehen. Raus aus dem beschaulichen Würzburg, rein ins Treiben der Münchener Eisbachklinik – gemeinsam. Für Nader ein erster Schritt in jene Richtung, die für ihn nichts Gutes verheißen soll. Schon vor Friedas erstem Arbeitstag landet der Prof, der als leitender Oberarzt nicht nur Freunde in der Klinik hat, auf der Intensivstation. Kolchizin-Vergiftung. Nach wenigen Tagen ist Nader tot. Spannend, aber auch nicht weniger seicht nimmt Frieda den Leser mit auf die Suche nach einer Erklärung und ist sich ziemlich schnell sicher: Hier war mehr im Spiel als Naders Kochkunst.
Über dem gesamten Plot schwebt schließlich die Frage: Wer hat Professor Nader umgebracht?
Die verschiedensten Persönlichkeiten der Münchener Eisbachklinik bekommen ihre Rollen zugewiesen. Da ist zum einen der Toxikologe Quirin Quast – Friedas Mitbewohner und Leitfigur, der eine ganz besondere Beziehung zum toten Professor hatte. Dann sind da der Chefarzt Prof. Gotthart Blücher und sein Ziehkind, die amerikanische Medizinerin Amanda Hoyle, die mit der gemeinsamen Forschung nicht nur Nader zu seinen Lebzeiten auf sich aufmerksam machen. Und dann sind da noch die Leiterin der Intensivstation Dr. Margret Ernst, der Computerspezialist Karl Zitzelsperger, die mysteriöse Lisa Naumann, ein gewisser Dr. Sellmaier und eine Handvoll redseliger Schwestern. Eine Mischung interessanter Charaktere, deren Beziehung zueinander jedoch schnell klar wird, fast schon auf der Hand liegt.
„Giftgrün“ ist unterhaltsam und leicht zu konsumieren. Die einfache Sprache ist gut verständlich, die sparsam eingesetzten Stilmittel halten den Leser bei der Stange. Wer sich auf Spannung von A bis Z eingestellt hat, sollte sich von dem Gedanken trennen, denn diese wird hier zwar hin und wieder vorsichtig aufgebaut, nach wenigen Seiten aber meist schon wieder aufgelöst. Dass das der Story kaum einen Abbruch tut, könnte im Auge des Betrachters liegen. Hier ist Durchhaltevermögen gefragt. Habe ich die Muße, mich ohne große Erwartungen mit dem Content auseinanderzusetzen? Dieser ist immerhin schlüssig und lässt keine Fragen offen – was an manchen Stellen aber auch fast schon wieder wünschenswert gewesen wäre.
Der Gesamteindruck ist tendenziell positiv. Die Autorin erzählt die Geschichte, bei der eigentlich von Anfang an klar ist, worauf sie hinausläuft, mit einigen Twists, sodass der Roman zumindest in seiner Funktion als leichte Lektüre gut wegkommt. „Giftgrün“ unterhält, lässt den Leser eintauchen in eine Welt, die vielleicht nicht jedem bekannt ist, erzählt und erklärt – über den Klinikalltag, das Leben, die Toxikologie. Eine Kaufempfehlung lässt sich so für diejenigen aussprechen, die mit weniger hohen literarischen als vielmehr kurzweiligen Erwartungen an die Sache herangehen.
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