Böllerverbot an Silvester
Jahr für Jahr werden die Notaufnahmen der Krankenhäuser geflutet mit den Opfern der kleinen und großen Feuerwerke. Jene Notaufnahmen und Krankenhäuser, die während der Pandemie eh schon am Rande ihrer Kapazitäten laufen.
Geht das also zusammen? Pandemie und prachtvolles Feuerwerk?
Elisha Terada - unsplash.com
Wenn es am Silvesterabend 0 Uhr schlägt, knallen nicht nur die Korken, sondern auch unzählige Feuerwerkskörper überall im Land. Der Brauch der auf eine lange Tradition bis zurück zu den Germanen und ihren Feuerfesten geht und dafür sorgen soll, die bösen Geister des vergangen Jahres zu vertreiben, verursacht jedes Jahr unzählige kleine und große Unfälle und sorgt somit für eine Vielzahl an Verletzten.
Diese Vielzahl an Verletzten will versorgt werden, und dass in den Krankenhäusern der Republik.
Eben jene Krankenhäuser, die zu Zeiten der Pandemie auch ohne die Verletzten der Silvesternacht bereits geplante Eingriffe verschieben oder gar Rettungswagen abweisen müssen.
Es ist schlicht keine Kapazität mehr vorhanden. Das Böllerverbot soll es richten.
Die Lage der Kliniken und Krankenhäuser in der Pandemie ist ernst. Vielerorts ist eine Triage bereits trauriger Alltag. Die zu erwartenden Verletzten der Silvesternacht würden die Lage weiter verschärfen.
Menschenleben könnten akut bedroht sein, wenn nicht mehr genug Betten und Personal für alle Hilfsbedürftigen zur Verfügung stehen.
Da ist ein Verbot von Feuerwerk und Böllern und ein Befolgen dieses Verbotes nicht nur sinnig, sondern das mindeste, was jeder dazu beitragen kann, um dafür zu sorgen, dass nicht wegen ein paar Minuten Lichterglanz und lauter Böller Menschen ihr Leben verlieren.
Verbrennungen, geplatzte Trommelfälle, abgetrennte Finger, nur ein paar der üblichen Verdächtigen einer gewöhnlichen Silvesternacht. Und Jahr für Jahr gibt es sogar Todesfälle zu beklagen.
Die Statistiken der neueren Vergangenheit sprechen eine deutliche Sprache.
Allein in den Großstadtkliniken, wie etwa dem Unfallkrankenhaus Berlin werden pro Silvesternacht zwischen 30 und 70 Verletzte behandelt. Viele davon mit schweren Verletzungen der Hände, Augen oder Ohren. Jedes Jahr werden extra an Silvester alle Operationssäle besetzt, extra Personal abbestellt.
Viele der Verletzten sind Männer, oder besonders tragisch, Kinder. Das allein wäre schon ein guter Grund auf die Knallerei zu verzichten.
Im ersten Pandemiewinter führte das Verbot von Feuerwerken in NRW zu einem deutlichen Rückgang der Polizeieinsätze. Im Vorjahr wurden fast 600 mehr Einsätze gefahren. Die Anzahl der Verletzten konnte von 159 Personen und 19 Polizisten:innen auf 69 Personen und 12 Polizeikräfte reduziert werden.
Möglich war dieser Rückgang durch die Beschlüsse zum Lockdown ab dem 16. Dezember 2020. Der Verkauf von Pyrotechnik war untersagt, ebenso herrschte ein Versammlungsverbot für Silvester und Neujahr. Kontakte sollten drastisch beschränkt werden und Feuerwerke auf öffentlichen Plätzen waren untersagt.
Auf den ersten Blick mag es ja verlockend klingen, die bösen Geister des vergangen Pandemiejahres mit lautem Getöse endlich zum Teufel zu jagen.
Die Zahlen sprechen jedoch eine deutliche Sprache. Wenn uns also daran gelegen ist, die Krankenhäuser zu entlasten und so Menschenleben wohlmöglich zu retten, dann verzichten wir zu Pandemiezeiten auf Böller und co. Diese Taktik hat sich bereits zum vorherigen Jahreswechsel bewährt und sollte die Regel bleiben, bis diese Pandemie endlich überwunden ist. Dann lohnt sich das Feiern schließlich auch doppelt.
Bis dahin ist ein solidarisches Feiern geimpft, getestet und ohne Feuerwerk im kleinen Kreis die beste Alternative.
Für manche mag es auch ganz ohne Silvester gehen. Wer den Jahreswechsel trotz Pandemie würdig begehen will, für den gibt es eine ganze Reihe an alternativen Traditionen, um das alte Jahr zu verabschieden und das neue Jahr zu begrüßen.
Ein Brauch, der während der üblichen Feuerwerke oft untergeht, ist das Läuten der Kirchenglocken.
Bereits seit den 1980er Jahren gibt es die Aktion „Brot statt Böller“, der Hilfsorganisation Brot für die Welt. 2
004 nach der Tsunamikatastrophe im indischen Ozean rief auch die Bundesregierung dazu auf, das Geld lieber zu spenden, statt in Böller und Raketen zu investieren.
Im privaten sind der Phantasie für die Gestaltung eines böllerfreien Silvesterabends keine Grenzen gesetzt. Traditionell mit Raclette oder Fondue, Dinner for One und Sekt oder Champagner oder ganz individuell mit Spieleabend oder Filmnacht.
Es braucht nicht den großen Knall, um ein altes Jahr zu verabschieden. Auch in den kleinen, familiären Bräuchen und Traditionen liegt ein Zauber. Die überlasteten Kliniken werden ebenso davon profitieren, wie die Natur und nicht zuletzt auch die Haustiere, für die das alljährliche Feuerwerk oftmals puren Stress bedeutet.
Letztendlich muss jeder die Frage, ob ein bisschen Krach und Glimmer am Nachthimmel es wert sind, Menschenleben zu riskieren und die sowieso schon am Limit arbeitenden Mediziner weiter zu belasten selbst beantworten. Fakt ist, ein Böllerverbot wirkt, und sorgt dafür, dass die Ressourcen der Krankenhäuser denen zur Verfügung stehen, die Hilfe am nötigsten haben.
Wir von valmedi.de wünschen Ihnen einen schönen Jahreswechsel. Auf das es in Zukunft für uns alle wieder mehr Unbeschwertheit gibt und wir auch ein Feuerwerk wieder mehr genießen können.
Bis dahin passen Sie auf sich und ihre Lieben auf und bleiben Sie vor allem eins, gesund.
Wikepedia: Tradition Feuerwerk
Tagesschau: Chaos in Krankenhäusern
Tagesschau: Triage wegen Böllern?
Welt: An keinem Tag so viele Verletzte
Polizei NRW: 2020 Weniger Verletzte wegen Pandemie
Tagesschau: Feuerwerkverbot 2020
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