Donnerstag, 15. Juni

Do or don’t

Medizinstudium

von Hannah Hilgers

Die derzeitige Abizeit ist Findungszeit. Deshalb ist es wichtig, sich auch einmal Gedanken darüber zu machen, warum man vielleicht gerade nicht fürs Medizinstudium geschaffen ist. Ohne Träume zerstören zu wollen, liefern wir dazu heute ein paar ausschlaggebende Gründe.

jon-tyson-hhq1Lxtuwd8-unsplash.jpg

jon-tyson | unsplash.com

Es gibt viele Eigenschaften, die man als Mediziner mitbringen sollte, um seinen Job erfolgreich auszuüben. Belastbarkeit, selbstloses Engagement und Feingefühl sind nur drei der zahlreichen Stärken, die den Arzt zur Meisterung seines Arbeitsalltags befähigen. Dass diese nicht immer erlernt, sondern vielmehr als charakterliche Grundvoraussetzung verstanden werden können, zeigt sich oftmals schon während der Uni-Zeit.

Das Medizinstudium ist zwar spannend, aber bekanntlich auch kein Spaziergang. Es stellt hohe Anforderungen an die künftigen Ärzte, die dort ihre wissenschaftliche und praktische Ausbildung erlangen und so abwechslungsreich wie sich die Aufgaben von angehenden Medizinern gestalten, so unterschiedlich können auch ihre individuellen Beweggründe sein, ein solches Studium anzustreben. Um Entscheidungen zu erleichtern, sollte nicht immer nur über das gesprochen werden, was der ideale Kandidat mitbringen muss, sondern auch mal über das Gegenteil. Wir haben jene Motive zusammengetragen, die definitiv nicht hinter einer Bewerbung auf den Medizinstudienplatz stehen sollten sowie auch weitere Eigenschaften erarbeitet, die das Studium in jedem Fall erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen:

Studienwahl wegen Prestige

Ähnlich wie dem Jura- oder dem BWL- haftet auch dem Medizinstudium ein gewisser Ruf an. Und der ist offenbar nicht ganz unbegründet, denn wirft man einen Blick auf die Erstsemester, so scheint der Medizin-Hörsaal durchaus gewisse Prototypen anzuziehen. Hier marschieren neben Segelschuhen und Designerhandtaschen auch gerne mal jene über den Campus, die zwar von Schulbüchern und guten Noten viel, dafür aber vom Leben wenig Ahnung haben. Für viele Studienplatzbewerber im Fach Medizin zählen nämlich vor allem zwei Komponenten: die Aussicht auf Geld und der richtige Numerus Clausus.

Während Ersteres einfach nur verwerflich und in keinem Fall der Grund für eine Studienfachwahl sein sollte, steht es außer Frage, dass gute Noten durchaus löblich und für die hier beschriebene Ausbildung in gewisser Hinsicht auch noch förderlich sind. Schließlich ist der hohe 1er-Schnitt im Abi meist der Freifahrtschein an die medizinische Fakultät. Doch wer das Studium nur anstrebt, weil er es eben kann, der wird feststellen, dass ein Fach, das man ohne Begeisterung studiert, wahnsinnig mühselig zu bewerkstelligen ist. Mal ganz davon abgesehen, dass so mitunter denjenigen der Platz geraubt wird, denen nur die nötigen Schulnoten, nicht aber die Leidenschaft fehlen. Das Medizinstudium sollte von denen angestrebt werden, die ein wahres Interesse für den Ärzteberuf mitbringen und sich nicht um die genannten Äußerlichkeiten scheren.

Kein lebenslanger Lerner

Die Medizin ist ein sich immer fortwährend entwickelndes Feld, das niemals zum Stillstand kommt. Wer glaubt, als Arzt sei man nach dem Medizinstudium fertig, täuscht sich. Forschung gewinnt stetig neue Erkenntnisse, auf viele wichtige Fragen gibt es bis heute (leider) keine Antwort. Es ist wichtig, aufgeschlossen zu sein und den Status quo zu hinterfragen. Nur so ist es möglich, den Patienten die bestmögliche Behandlung zuteil werden zu lassen. Dem, der ohne die Bereitschaft ist, ein Leben lang zu lernen, legen sich vermutlich schon während des Studiums die Steine in den Weg.

Einzelgänger

Mit dem Medizinstudium eine Karriere einzuschlagen, bei der man vorwiegend auf sich alleine gestellt ist, ist schwierig. Im regulären Klinik- oder Praxisalltag sind Einzelgänger sowieso nicht erwünscht, denn hier kommt es darauf an, im Team mit den Kollegen und vor allem auch im regen Austausch mit den Patienten zu arbeiten. Doch selbst wenn es zum Beispiel in die Forschung geht, ist es wichtig, sich auf die Arbeit mit den Kollegen einlassen zu können. Wie in den meisten anderen Berufen auch, kommt es in der Medizin darauf an, sich in die Gruppe integrieren und gemeinsam mit den Kollegen arbeiten zu können. Und diese Anforderungen werden schon im Unialltag erprobt. Während für die Klausuren vielleicht noch ein Stapel voller Bücher als bester Freund fungiert, sieht es in der praktischen Anwendung im Labor schon wieder anders aus. Das offene Auftreten wird schon im Studium unbedingt gefordert.

Kein Interesse an Gesundheit und Pharmazie

Wer Medizin studieren will, der sollte Medizin auch leben. Zwar lässt die Studienzeit sicherlich den ein oder anderen Ausrutscher gelten, doch wer später als Vorbild agieren und Vertrauen zu seinen Patienten aufbauen möchte, sollte das vorleben, was er selbst als erstrebenswert predigt. Gesund zu leben umfasst dabei natürlich eine ganze Reihe von Aspekten und trotzdem hat sicherlich jeder seine Makel, doch im Großen und Ganzen sollte die Bilanz schon stimmen. Der von Kopf bis Fuß tätowierte Raucher, der auch bei Alkohol und Junk Food gerne mal über die Stränge schlägt, wird es vermutlich eher schwer haben, trotz möglicherweise großem medizinischen Know How in seine Position hineinzuwachsen.

Freizeitorientiert

Schichtdienst im Klinikpraktikum oder auch der Lernmarathon vor der nächsten Klausurphase – wer sich in den rund sechs Jahren Regelstudiendauer viel Freizeit gönnen will, der sollte seine Studienwahl noch einmal überdenken. Lernstoffintensive Tests und lange Tage im Labor machen das Medizinstudium zu einem ziemlich anstrengenden Lebensabschnitt, der viel Disziplin erfordert. Zurückzustecken bekommt hier eine ganz neue Bedeutung und macht vor allem diejenigen auf Dauer nicht glücklich, die vorab von einem lockeren Studentenleben geträumt haben.

Sensibel

Nicht nur die Furcht vor Blut oder mögliche Berührungsängste mit dem menschlichen Körper stellen im Medizinstudium ein großes Problem dar. Wer allgemein sensibel reagiert, ist in der Gesundheitslehre fehl am Platz. Hier wird von den Studenten erwartet, dass sie Herausforderungen zwar mit Respekt begegnen und schließlich aber doch nicht davor zurückschrecken, diese mit Bravour zu meisten. Denn nur so können aus den Lernenden später einmal beherzt praktizierende Ärzte werden. Wer mit Druck nicht klarkommt, der ist hier nicht richtig aufgehoben.

Abitur, Ärzteberuf, Beruf, Medizin, Medizinstudium, Numerus Clausus
Studenten, Studium, Uni, Universität