Verantwortung übernehmen
Gute Vorsätze, gesund zu leben, sind oft flüchtig wie Schall und Rauch. Warum das so ist und wie ein Arzt Patienten unterstützen kann, langfristig Lebensgewohnheiten positiv zu verändern – eine Kurzreise in die Verhaltenspsychologie.
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Rauchen verursacht Lungenkrebs. Übergewicht verkürzt die Lebenszeit. Zuviel Alkohol schädigt die Leber. Das wissen auch starke Raucher, Fastfood-Fans und Gewohnheitstrinker.
„Jeder Mensch möchte gesund sein und sich auf einen gut funktionierenden Körper verlassen können. Aber wer gesund sein und bleiben möchte, muss Verantwortung für sein Leben, seine Seele und seinen Körper übernehmen und das ist leichter gesagt als umgesetzt“, erklärt Dr. Holger Süß, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Dr. Becker Burg-Klinik in Stadtlengsfeld.
Zahlen, Fakten und Informationen weiterzugeben reicht nicht, um einen Menschen zu bewegen, sich auf Dauer von vertrauten, aber ungesunden Verhaltensweisen zu verabschieden.
Erst ein komplexes Zusammenspiel von kognitiven und emotionalen Prozessen bringt Erfolg. Dies haben neurobiologische Untersuchungen ergeben. Die Formel für Gesundheit – ganz simpel formuliert – könnte so lauten: Ein Mensch müsste wissen, was gesund ist, und er oder sie sollte sich selbst mit Freude und Begeisterung Gutes tun. Erst mit der Begeisterung für das eigene Tun wirken nämlich neuroplastische Botenstoffe wie Dünger im Gehirn und lassen neue Verbindungen wachsen, aus denen neue Verhaltensmuster entstehen. Die Konjunktive in der Kurzformel deuten darauf hin, dass es den einen oder anderen Stolperstein auf dem Weg zur gesunden Lebensweise gibt.
Gesundheit ist Ausdruck einer Haltung und resultiert aus inneren Einstellungen, die ein Mensch im Laufe seines Lebens entwickelt. Und diese sind nicht immer günstig. Diese These vertritt Prof. Dr. Gerald Hüther, Hirnforscher an der Universität Göttingen unter anderem in seinem Eröffnungsvortrag zum Hauptstadtkongress 2011 (http://www.hauptstadtkongress.de/2011/eroeffnungsvortrag-von-prof-dr-gerald-huether/) Laut Prof. Hüther gilt es, diese Haltungen zu verändern. Hierbei steht der Arzt dem Patienten als professioneller Berater zur Seite.
Viele Verhaltensweisen sind Ersatzbefriedigungen. Rauchen scheint Druck aus Stresssituationen zu nehmen, also warum damit aufhören, wenn der Druck dann noch größer wird. Wer zu viel futtert, sehnt sich oft nach Streicheleinheiten, die keiner geben will. Wer seine Freizeit auf der Couch verbringt, bestätigt sich möglicherweise seinen mangelnden Selbstwert: Ich bin anders als die anderen und gehöre nicht dazu. Der Wunsch, sich langfristig gesund zu verhalten, braucht die Neugier, den eigenen tief sitzenden Bedürfnissen auf die Schliche zu kommen und diese zu befriedigen.
Zu dieser Reise gehört Mut, denn nicht immer will der Mensch sehen, was hinter seinem Verhalten steckt. „Ängste und Zweifel prägen viele Verhaltensweisen. Wenn ich mich diesen Ängsten und Zweifeln stelle, muss ich vielleicht etwas an meiner Partnerschaft, meinem Beruf oder eben meinen Gewohnheiten verändern – und das tut eventuell weh und ist auf jeden Fall unbequem“, weiß Dr. Süß.
Dem Patienten Mut machen, seine Freude an der Entdeckungsreise zu sich selbst entwickeln, eine gesunde Balance von Ratio und Emotion bei der Therapie – dies sind Meilensteine auf den Wegen, die man in Rehabilitationsmedizin in der Dr. Becker Burg-Klinik einschlägt.
Mit Pinsel und Farben lassen sich Gefühle oft einfacher ausdrücken als mit Worten.
„Wir informieren unsere Patienten selbstverständlich umfassend in Gesprächen und Vorträgen. Darüber hinaus ist es uns ein besonderes Anliegen, die Menschen mit unseren therapeutischen Methoden zu berühren und sie mit ihren eigenen Bedürfnissen in Verbindung zu bringen“, so Dr. Süß. In der Burgklinik werden die Patienten eingeladen, sich selbst besser kennen zu lernen. Sie probieren hier vielleicht das erste Mal aus, ihre Gefühle mit expressiven Farben auszudrücken. Andere entdecken ihre Freude, gemeinsam mit anderen zu musizieren oder Sport zu treiben. Oder sie unternehmen eine meditative Gedankenreise. „Wir laden jeden Einzelnen ein, innere Ruhe zu finden, neue Erfahrungen zu machen und einfach einmal rauszukommen aus den Ritualen des Alltags mit unendlich vielen äußeren Reizen und Verpflichtungen“, fasst Dr. Süß zusammen.
Die innere Reise führt machen Patienten zu neuen Einsichten. „Mit diesen Erkenntnissen kommen oft plötzlich Lösungen für tief sitzende Probleme, Wünsche nach neuen Aktivitäten, vielleicht andere berufliche Ziele“, betont Dr. Süß. „Ganz wichtig ist, dass die positiven Erfahrungen dann auch im Alltag vertieft werden. Dranbleiben, jeden Tag an sich arbeiten, sich jeden Tag bewegen, sich jeden Tag eine Pause freihalten und nehmen, kleine Fortschritte wertschätzen und nicht wieder in alte Muster fallen, das ist die große Herausforderung. Und dafür trägt bei aller Unterstützung, die wir Mediziner als Gesundheitscoach und Mutmacher geben können, der einzelne Mensch ganz allein die Verantwortung.“
Sich selbst Gutes tun – das gelingt auch im Alltag am besten mit Gleichgesinnten.
Hilfreich ist es für Patienten, sich mit Gleichgesinnten und anderen Betroffenen zusammen zu tun. Über www.nakos.de können Interessierte gezielt nach Selbsthilfegruppen oder Ansprechpartnern in ihrer Stadt oder Region suchen. Wer über die Therapie hinaus regelmäßig sportlich aktiv bleiben will, schließt sich am besten einem Sportverein an oder sucht sich einen Sportpartner. Im Internet bietet dies beispielsweise die AOK an unter www.aok.de/portale/bundesweit/sportpartner/html/
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