Sportverletzungen | Fussball
Hart umkämpfte Fussballspiele bringen viele Zusammenstöße. Bei spektakulären Kopfbällen können sich Mediziner Beobachter allerdings einer Sorge nicht erwehren: Wie riskant ist der wuchtigen Aufprall für die Fußballer?
Spektakuläre Aktionen auf dem Spielfeld machen den Reiz beim Public Viewing ebenso aus wie für den Zuschauer vor dem Bildschirm zuhause: Gerne hätte das Publikum gesehen, wenn deutsche Fußballgrößen im WM-Spiel gegen Algerien mit einem Kopfball das Spiel rasch entschieden hätten. Glücklich war es über das vorentscheidende Kopfballtor von Mats Hummels im Spiel gegen Frankreich. Aber was bewirken solche Kopfbälle? Nicht selten platzieren Profifußballer 1000 Kopfbälle jährlich, zum Teil mit Geschwindigkeiten von mehr als 100 Kilometer pro Stunde und einem Gewicht von einer halben Tonne. Wie riskant leben Profisportler, aber auch engagierte Hobbyfußballer durch solche Kraftakte?
Bei einem erwarteten, trainierten Kopfball schnellt der Profi-Fußballer in die Höhe, spannt den Körper dabei in einem bestimmten Winkel an und fängt auf diese Weise die Wucht des Balles beim Aufprall auf den Kopf mit dem ganzen Körper ab. Etwas völlig anderes ist es, wenn der Ball den Kopf unvermittelt trifft. „Er hat quasi den Effekt eines Faustschlags – für Kopf ebenso wie für das Gesicht“, so der Experte aus Nümbrecht. Der Aufprall des runden Leders auf den ungeschützten Kopf könne dabei heftigst, die Schleuderbewegung des Gehirns dramatisch sein. Dr. Ebke: „Nicht selten kann es nach solchen Treffern zur kurzzeitigen Bewusstlosigkeit mit nachfolgenden Gedächtnisstörungen kommen, manchmal auch zu vorübergehender Desorientierung und Sehstörung – also typischen Anzeichen einer Gehirnerschütterung.“ In diesem Fall empfiehlt der Experte dem Spieler dringend, einige Wochen mit dem Leistungssport auszusetzen und sich gezielt behandeln zu lassen.
Dr. Markus Ebke, Chefarzt der neurologischen Abteilung in der Dr. Becker Rhein-Sieg-Klinik, gibt vorsichtig Entwarnung – vor allem für die Könner unter den Kickern. „Man muss im Gefahrenpotential klar zwischen einem ,geplanten‘ und einem ,zufällig‘ geköpften Ball unterscheiden“, sagt der Neurologe.
Ohne Auswirkungen ist allerdings auch der geplante, intensive Kopfball nicht: Danach leiden Spieler laut Dr. Ebke teilweise unter Schwindel, leichten Sehstörungen oder auch Kopfschmerzen. „Man weiß auch, dass bei Amateur- wie Profiboxern insbesondere nach Kopftreffern für wenige Stunden Parameter im Nervenwasser erhöht sind, die einen leichten Zellschaden im Gehirn anzeigen.“ Ob diese „Mikrounfälle“ im Gehirn zu langfristigen Beeinträchtigungen führen, sei indes abschließend nicht geklärt.
Insgesamt sind es für den Experten allerdings vor allem die unerwarteten Erschütterungen des Kopfes, die auf Gehirn und Rückenmark weitergeleitet werden, die nach Worten des Neurologen zu schwerwiegenden Folgen führen – das gilt seltener für Fußballer, eher für Spieler in Kontaktsportarten wie American Football oder Rugby: Unfallverlaufsuntersuchungen nähren den Verdacht auf medizinischer Seite, dass hierdurch auch dementielle Erkrankungen gefördert werden. Diese Erkenntnisse machen deutlich, wie wichtig Vorbeugung vor allem in Risikosportarten ist: „Man sollte nicht allzu sorglos aufs Spielfeld gehen und den Kopf vor Erschütterungen schützen“, sagt Dr. Markus Ebke. Ein gutes Training der Halswirbelsäulen-Muskulatur hat für ihn in diesem Zusammenhang ebenso große Bedeutung wie entsprechende körperliche Fitness und Körperkontrolle, um die teils erheblichen Krafteinwirkungen auf den Kopf (etwa während eines Kopfballes) abzufedern.
Sollte es dennoch zu einer schwerwiegenden Verletzung im Gehirn kommen, so ist umfängliche Förderung, etwa im Rahmen von Rehabilitationsmaßnahmen sehr wichtig. „Wir hier in der Dr. Becker Rhein-Sieg-Klinik gewährleisten eine solch umfassende Behandlung, da hier die unterschiedlichsten Berufsgruppen aus dem medizinisch-therapeutischen Bereich unter einem Dach arbeiten“, erklärt der Chefarzt. Oftmals gehen die Unfallfolgen nicht nur mit Lähmungen, sondern auch mit Sprach- und Schluckstörungen einher. In vielen Fällen entwickeln die Betroffenen zudem Ängste und Depressionen. Dr. Ebke: „Eine Rehabilitationsklinik vermag die Behandlung all dieser Krankheitsfolgen abzudecken und arbeitet gemeinsam mit dem Patienten daran, dass dieser wieder an den Aktivitäten des täglichen Lebens teilnehmen kann.“
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