Donnerstag, 15. Juni

Lehrstunde der Toten

Anatomie

von Johanna Weiß

Manchmal fühlen wir uns schlapp, nicht leistungsbereit und ausgelaugt. Doch ist das ein Grund, gleich die Pillen einzuwerfen? Wir haben uns mit Nahrungsergänzungsmitteln beschäftigt und uns gefragt: Können die da wirklich etwas ausrichten?

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Es ist acht Uhr morgens. Im Kellergeschoss der Anatomie bereite ich mich zusammen mit fast 100 Studenten des zweiten Semesters auf den ersten Präparierkurs vor. Ich ziehe mir meinen Kittel an, packe mein Präparierbesteck und Handschuhe in meine Kitteltasche und schaue mich um. Noch nie habe ich so viele blasse Menschen auf einem Haufen gesehen. Die meisten von uns hatten noch nie Kontakt mit einer Leiche. Und nun sollten wir gleich loslegen und an ihnen herumschneiden. Das war für viele von uns eine etwas beängstigende Vorstellung.

Die Türen des Präpariersaals öffnen sich und die Tutoren rufen uns herein. Wir werden auf die 18 Tische, auf denen die abgedeckten Körper liegen, verteilt. Dann begrüßt uns die Kursleiterin und erklärt, wie der Kurs ablaufen wird. Gleich heute werden wir mit dem Präparieren beginnen. Jeweils zwei Tische bekommen einen Tutor, der für Fragen zur Präpariertechnik und Anatomie zur Seite steht. Um uns den Einstieg leichter zu machen, waren die Leichen auf den Bauch gedreht. Es war zwar beruhigend, dem Menschen nicht gleich ins Gesicht schauen zu müssen, aber leicht war es für uns trotzdem nicht.

Als wir begannen, hatten wir alle ein mulmiges Gefühl im Bauch. Schließlich lag da vor uns ein Mensch und wir sollten ihn im wahrsten Sinne des Wortes auseinander nehmen. Dazu kam der merkwürde Geruch des Formalins. Wer das einmal gerochen hat, wird diesen Geruch nicht mehr vergessen.

Wir begannen mit der Arbeit und präparierten nach und nach Haut, Muskeln, Nerven und Gefäße. Die Zeit verging wie im Flug. Als ich nach Hause kam, hatte ich immer noch den Formalingeruch in der Nase. Ich wurde ihn den ganzen Tag nicht los. Damals hab ich noch allein gewohnt und ich gebe zu, dass es mir an diesem Abend ein wenig unheimlich war, als ich zum Schlafen gehen das Licht ausschaltete. Mit jedem weiteren Kurs verloren wir aber immer mehr unsere Berührungsängste. Wir schafften es immer besser, uns auf das Präparieren und das Erlernen der Anatomie zu konzentrieren.

Ich finde es bemerkenswert, wie man sich an die kuriosesten Situationen gewöhnen kann, wenn man nur oft genug mit ihnen Kontakt hat. Mit der Zeit wurde es für uns so normal, dass wir während einer Prüfungsphase manchmal nur zu fünft in dem Saal mit 18 Leichen standen und es machte uns nichts mehr aus.

Zwar vergisst man nicht, dass es sich noch immer um einen Menschen handelt, der dort vor einem liegt, aber man blendet es für einige Zeit aus. Es ist auch sehr wichtig, dass man dies macht, denn sonst wäre man gar nicht in der Lage, eine solche Arbeit auszuführen. Ich habe trotzdem nie vergessen, welchen Dienst uns diese Menschen erwiesen haben und ich verneige mich in tiefer Demut und höchstem Respekt vor ihnen und ihrer Entscheidung. Dank ihnen habe ich sehr viel gelernt.

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