Freitag, 16. Juni

Lernen fürs Leben

Prüfungsvorbereitung

von Johanna Weiß

Da bin ich wieder. Eine lange Prüfungszeit liegt hinter mir. Eine Zeit voller Stress, Kaffee und tiefen Augenrändern. Bis tief in die Nacht saß ich vor meinen Büchern und habe Wissen aufgesaugt. Doch es war nicht nur das Fachliche, das mir in dieser Zeit die Augen öffnete. Es gab nämlich noch eine Lektion, die ich zusätzlich erhalten sollte.

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Foto: Dieter Schütz / pixelio.de

Ihr kennt das bestimmt auch. Das ganze Semester über liest man mal hier und da in den Fachbüchern, besucht Vorlesungen und Seminare. Doch man pflegt nebenbei noch sein Sozialleben und geht vielleicht sogar arbeiten. Eine schöne ausgewogene Mischung. Rückt dann die Prüfungszeit näher, ändern sich die Prioritäten schlagartig. Dann wird ohne Unterlass gelernt – jeglicher Vernunft zum Trotz. Da kann es dann auch schon mal passieren, dass sich das Geschirr meterhoch in der Küche stapelt oder die ein oder andere Pflanze langsam vor sich hin stirbt, weil man vergisst, sie zu gießen. Besteht man dann die Prüfungen, sind das jedoch Ofer, die man gern in Kauf nimmt.

Das sind aber Dinge, die man selbst steuern kann und selbst verantwortet. Anders sieht es dann aus, wenn man der Willkür anderer Menschen ausgeliefert ist. Genau das ist mir passiert und es hat dazu geführt, dass ich mein Examen um ein halbes Jahr verschieben musste.

Ich hatte noch einige „Altlasten“ aus einem vergangenen Semester, in dem ich lange krank war. Zwei Prüfungen, die ich noch nicht geschrieben hatte und nun nachholen wollte, standen noch aus. Meistens stehen die Prüfungstermine der einzelnen Fachgebiete schon früh im Semester fest, so dass man ganz gut planen kann. Als ich mit meiner Planung im November begann, fiel mir auf, dass der Termin für eine Nachholerklausur mit einem Termin einer Klausur meines regulären Semesters kollidierte. Selber Tag, selbe Uhrzeit. Ich schrieb sofort den Fachbereich an, dessen Prüfung mir noch fehlte, und bat um einen Termin – doch ich erhielt keine Antwort. Ich schrieb ihnen ein zweites Mal und fragte, welche Alternativen ich denn hätte, da ich gern am Examen teilnehmen möchte. Daraufhin kam nur eine kurze Mitteilung, dass ich gern an der Nachschreibeklausur im April teilnehmen könnte. Doch im April sollte ja schon das Examen stattfinden.

Also schrieb ich dem Fachgebiet erneut und bot mehrere Alternativen an (z.B. die Durchführung einer mündlichen Prüfung) – keine Antwort. So ging das über Wochen. Einen persönlichen Termin bekam ich nicht und auf meine Vorschläge wurde nicht eingegangen. Als ich dann endlich jemanden telefonisch erreichte, teilte mir die Sekretärin zuckersüß mit, dass der Fachbereich ja nicht nur die Lehre im Kopf hätte. Entweder ich nehme an dem regulären Termin teil oder ich hab (sinngemäß) Pech.

In meiner Verzweiflung schrieb ich den Fachbereich meines regulären Semesters an und fragte dort nach einer Alternative, da mein Examen ja nun ernsthaft in Gefahr war. Innerhalb weniger Stunden erhielt ich eine Antwort. Sie boten mir eine mündliche Prüfung an, damit ich mein Examen schreiben kann. Ich sollte mich einfach nur telefonisch melden, damit wir einen Termin vereinbaren können – „Wir finden da eine Lösung. Machen Sie sich keine Sorgen.“. Ich war baff! Nach wochenlangem Hin und Her sollte es nun eine solch einfache Lösung geben? Wie unterschiedlich doch die Fachbereiche um die Lehre bemüht sind.

Endlich konnte es weitergehen und das Examen rückte wieder in greifbare Nähe. Doch die Freude hielt nicht lange an. Ein kurzer, aber heftiger Infekt zwang mich in die Knie, so dass ich mich für eine Prüfung krankschreiben lassen musste. Da aber der Nachholtermin noch gut im zeitlichen Rahmen lag, machte ich mir zunächst nicht allzu viele Sorgen. Nur wenige Tage vor dieser Prüfung kam jedoch die Mitteilung, dass aufgrund von Krankheit und aus organisatorischen Gründen, die Prüfung verlegt werden müsse. Einen Termin dafür müsse man aber erst noch finden.

Und schon war mein Examen wieder in Gefahr. Da ich nicht die einzige war, die das betraf, fragten wir gemeinschaftlich im Fachbereich an, ob es nicht möglich wäre, eine Alternative zu finden, damit wir doch noch Examen schreiben könnten. Als Antwort erhielten wir nur, dass die verantwortliche Person noch immer krank sei und nur sie das entscheiden könne. Nun wurde die Zeit langsam knapp, denn der Abgabetermine der fehlenden Scheine beim Landesprüfungsamt rückte immer näher.

Als die verantwortliche Person endlich wieder gesund war, erhielten wir auf weitere Nachfrage nur als Antwort: „Wir haben hier noch mehr zu tun, als uns nur um die Lehre zu kümmern. Sie werden ihren Termin schon noch erfahren.“. Wir warteten eine Woche, bis wir uns wieder meldeten. Doch nun war die verantwortliche Person, die das entscheiden konnte, im Urlaub. Langsam fühlten wir uns doch ein wenig auf den Arm genommen. Wir baten den Fachschaftsrat um Hilfe. Nach weiteren eineinhalb Wochen wurde dann endlich ein Termin für die Nachprüfung bekannt gegeben – und dieser liegt im April. Der Fachbereich begründete den späten Termin damit, dass es organisatorisch nicht anders zu realisieren sei. Damit war jegliche Hoffnung auf eine Teilnahme am Examen vernichtet.

Nun habe ich ein halbes Jahr Zeit, um mich in Ruhe auf mein Examen vorzubereiten. Mittlerweile habe ich gute Möglichkeiten gefunden, um dieses halbe Jahr noch sinnvoll auszufüllen. Ich werde mich meiner Doktorarbeit widmen und etwas mehr arbeiten gehen. Aber natürlich hätte ich es lieber anders gemacht. Nach diesem ganzen Hin und Her kam mir die Idee, die ärztliche Ausbildung und ihre Qualität, vom Beginn des Studiums bis hin zur Assistensarztzeit, einmal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich werde euch in den nächsten Wochen davon berichten. Aber irgendwie habe ich jetzt schon das Gefühl, dass uns alle das Ergebnis nicht überraschen wird.

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