Mittwoch, 14. Juni

Mein erstes Mal

Blut abnehmen

von Johanna Weiß

Was für erfahrene Ärzte normaler Alltag ist, kann für einen Medizinstudenten beim ersten Mal ganz schön aufregend sein. Ob Blut abnehmen, Flexülen legen oder kleine operative Eingriffe. Solche Tätigkeiten können einem unerfahrenen Mediziner den Puls in die Höhe und den Schweiß auf die Stirn treiben.

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Erst kürzlich habe ich mich mit einer Kollegin über unsere ersten Male in der Medizin unterhalten. Vor zehn Jahren machte ich damals meine ersten Versuche im Blut abnehmen. Ich lernte intramuskulär zu spritzen und Fäden zu ziehen. Was für meinen Chef damals alles selbstverständlich war, machte mich sehr stolz. Endlich konnte ich das auch.

Mittlerweile bin ich darin recht geübt und nun gehören diese Tätigkeiten auch für mich zur Routine. Aber zur ärztlichen Tätigkeit gehört viel mehr, so dass es für mich jeden Tag neue Dinge zu lernen gibt.

Ich habe einmal ein Praktikum auf einer hämatologischen Station gemacht. Dort durfte ich unter Anleitung der Stationsärztin eine Knochenmarkspunktion durchführen. Ich hatte bereits mehrfach zugesehen und kannte den genauen Ablauf. Nun durfte ich es selbst durchführen. Ich war etwas aufgeregt, doch die Ärztin erklärte mir alles ganz ruhig und gab mir Selbstvertrauen. Ich spritzte das Betäubungsmittel  und begann mit der Punktion. Meine Patientin war auch für einen Anfänger sehr gut geeignet, denn ich konnte auf Anhieb und problemlos Knochenmark aspirieren. Wir verbanden die Punktionsstelle und ich rief auf dem Heimweg ganz stolz meine Eltern an, um zu erzählen, was ich gerade getan hatte.

In der Praxis einer Hautärztin durfte ich einmal eigenständig eine Hautbiopsie durchführen. Als ich mit Skalpell, Nadel und Faden arbeitete, war ich voll in meinem Element und mir kam fast der Gedanke, vielleicht doch in die Chirurgie zu gehen.

Bei einem Praktikum in einer Hausarztpraxis hatte ich sogar eigene Patienten. Ich durfte selbständig Anamnese erheben, die Patienten untersuchen und stellte sie dann dem Arzt vor. Ich sagte ihm, wie ich weiter verfahren würde und durfte dann weitere Untersuchungen veranlassen oder Rezepte und Überweisungen ausstellen. Sogar Ultraschalluntersuchungen von der Schilddrüse durfte ich unter Anleitung durchführen.

Es gibt aber auch Dinge, für die ich viele Anläufe brauchte und ein erstes Mal nicht ausreichte. Ein Beispiel dafür ist das Auswerten von EKGs. Was saß ich am Anfang davor und rätselte, was ich da sehe. Ein Arzt kam vorbei sagte nur beiläufig „Der Patient hat eindeutig Vorhofflimmern.“. Aha. Für mich war das nicht eindeutig. Glaubte ich dann beim nächsten Mal etwas entdeckt zu haben, wurde mein Befund als Artefakt eingestuft. Also bat ich beim Praktikum in der Hausarztpraxis darum, jedes EKG vorgelegt zu bekommen und auswerten zu dürfen. Der Arzt war sehr engagiert, besprach mit mir jeden Befund und nahm sich auch wirklich die Zeit für mich. Mit der Zeit konnte ich dann die wirren Zacken und Linien immer besser deuten. Heute bereitet mir das EKG kein Kopfzerbrechen mehr.

Was für mich irgendwann ganz normal sein wird, ist für mich heute noch etwas Besonderes. Ich bekomme einen Vorgeschmack darauf, wie es einmal sein wird, wenn ich fertig bin und ich freue mich riesig darauf.

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