Donnerstag, 15. Juni

Numerus Clausus und Ärztemangel

Ein Widerspruch?

von Johanna Weiß

In einer meiner letzten Kolumne habe ich berichtet, wie ich in den letzten Monaten um mein Examen gekämpft und dann doch verloren habe. Da dachte ich mir, ich mache mir einmal ein paar Gedanken darüber, wie es denn in Deutschland um die Lehre in der Medizin bestellt. Schauen wir doch mal, was dabei herauskommt.

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Vor einiger Zeit gab es in der Rheinischen Post einen Artikel darüber, dass allein in Nordrhein-Westfalen ein solcher Ärztemangel herrscht, dass man mittlerweile gezwungen ist, sich Fachkräfte aus dem Ausland zu holen. Da finden dann zum Beispiel in Griechenland Bewerbermessen statt, bei denen man versucht, griechische Ärzte nach Deutschland zu holen, um den Ärztemangel zu decken. Wir wissen alle, dass das in ganz Deutschland so aussieht. Aber ist das eine gute Lösung? Sicherlich nicht.

In meinem jugendlichen Leichtsinn fällt mir natürlich nur eine perfekte Lösung dafür ein: Wir müssen selbst mehr Ärzte ausbilden. Klingt doch ganz einfach. Wären da nicht die vielen Stolpersteine, die dem ganzen einen gehörigen Strich durch die Rechnung machen.

Los geht es mit der Bewerbung zum Studium. Über die Stiftung für Hochschulzulassung bewirbt man sich in einer zentralen Stelle. Man gibt an, wo man am liebsten studieren möchte und wartet dann auf einen Bescheid. Doch wie funktioniert dann das Auswahlverfahren?

Ein Fünftel der verfügbaren Studienplätze wird anhand der Abiturnote vergeben. In Hamburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und im Saarland muss man mit einem NC von 1,2 aufwarten, in Schleswig-Holstein und Bremen „genügt“ ein Durchschnitt von 1,3. Alle anderen Bundesländer erwarten eine 1,1, damit der Bewerber direkt zum Studium zugelassen werden kann. Man muss dazu sagen, dass diese Grenzen schon angehoben wurden, denn im letzten Semester erwarteten die meisten Universitäten noch eine 1,0.

Weitere 20% werden anhand der Wartezeit vergeben. Diese betrug für Bewerber zum Wintersemester 2013/14 zwölf und zum Sommersemester 2014 ganze dreizehn Wartesemester.

Die restlichen 60% werden in Auswahlgesprächen durch die Universitäten selbst ausgewählt. Auch hier werden die Bewerber nach Abiturnote bewertet. Zusätzlich werden aber noch einzelne Noten, eine eventuelle Berufsausbildung oder ein vorab durchgeführter Test für medizinische Studiengänge (TMS) mit in die Bewertung einbezogen. Wenn das alles überstanden ist, wurden die Besten Studienkandidaten auserwählt und das Studium kann beginnen.

Johanna Weiß ist Kolumnistin für ichbinarzt und heißt eigentlich anders. Sie ist aber wirklich gelernte Arzthelferin, studiert Medizin und arbeitet in einer Hausarztpraxis als Sprechstundenhilfe. Sie hat zwei Jahre lang als Pflegeaushilfe in einem Krankenhaus gearbeitet und auf verschiedenen Stationen Erfahrungen gesammelt. Außerdem ist sie ehrenamtliche Übersetzerin auf der Internetplattform washabich.de. Ihre Spezialgebiete: Medizin, Studium, patientenorientierte Kommunikation.

Die restlichen Bewerber gehen leer aus und hoffen auf das nächste Semester und die nächste Bewerbung. Wenn man das über Jahre macht, kann es irgendwann sehr frustrierend werden. Ich kenne viele Leute, die mittlerweile sechs Jahre gewartet haben. In dieser Zeit haben sie Ausbildungen absolviert und stehen mitten im Berufsleben. Manche haben sogar schon eine Familie gegründet. Sie haben ihr festes monatliches Einkommen und haben sich schon einiges aufgebaut. Plötzlich bekommen sie dann doch noch ihren Studienplatz. Das bedeutet dann aber auch, dass sie ihr bisheriges Leben komplett umkrempeln müssen. Das Familieneinkommen wird dann knapp, durch Bafög häuft man Schulden an und irgendwie versucht man dann den Drahtseilakt zwischen Studium, Familie und Nebenjob halbwegs ohne Blessuren zu überstehen. So manch einer hat dann gar keine Lust mehr zu studieren und behält seinen bisherigen Werdegang bei.

Für alle anderen, die einen der begehrten Studienplätze ergattert haben, beginnt nun das Studium. Was ich während meines Studiums alles erlebt habe und was mir von Freunden anderer Universitäten alles berichtet wurde, das erfahrt ihr in meiner nächsten Kolumne.

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