Moderne Technik
Kaum aus dem Krankenhaus entlassen, spielt die Oma in der Reha mit einer Konsole. Und der Junge mit den spastischen Lähmungen kommt computergesteuert wieder in Bewegung. Reha goes digital bedeutet, dass Patienten mithilfe moderner Technik mobil werden und bleiben. Das hilft Reha-Kliniken dabei, in Zeiten gedeckelter Budget effektiv zu arbeiten.
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Verkehrte Welt: Die Spielekonsole, mit der sonst meist Kinder in Wettrennen auf dem Bildschirm gegeneinander antreten, gehört jetzt zum Zeitvertreib älterer Patienten in der Reha-Klinik. Aufgenommen werden sie dort wie im Flugzeug bei einer Reise nach Mallorca – nämlich durch ein Web-Check-In. Vorbei die Zeiten, in denen Unmengen an Unterlagen mühsam per Hand ausgefüllt werden mussten. Und auch die Therapeuten arbeiten heute anders: Sie können dank digitaler Möglichkeiten mehrere Patienten gleichzeitig betreuen. Selbst Menschen, die kaum beweglich sind, können mithilfe spezieller Gang-Roboter eigene Schritte tun. Innovationen, die unter anderem daher rühren, dass Reha-Kliniken mit wenig Geld immer mehr Menschen helfen müssen, die in der Regel betagt und schwer krank sind. Denn seit Jahrzehnten werden die Budgets für diese Leistungen nicht mehr erhöht.
Für Computerspiele-Hersteller eröffnet sich dadurch ein neues Feld: Sie denken sich inzwischen nicht mehr nur Unterhaltungssoftware für Kids aus, sondern auch für ältere Menschen, die zum Beispiel nach einem Schlaganfall wieder beweglicher werden wollen und sollen. Das funktioniert etwa, indem diese Patienten auf den Boards der Nintendo Wii-Spielekonsole Gleichgewichtsübungen machen. Und natürlich von der Bewegung profitieren – selbst wenn sie die Klinik schon lange verlassen haben, können sie zuhause üben. Psychosomatische Patienten hingegen fühlen sich motiviert und haben Spaß an Rennspielen wie „Mario Kart“ – das zeigen Erfahrungen in den Kliniken der Dr. Becker-Gruppe, die seit sechs Jahren mit einem Computerspiele-Hersteller zusammenarbeitet. Inzwischen gibt es schon eine eigene Trainingssoftware, zum Beispiel, um den Beckenboden zu kräftigen, aber auch, um die Gehirnzellen nach Schlaganfällen anzuregen.
Infolge einer schweren Krankheit ist es oft notwendig, Bewegungen regelmäßig zu wiederholen – vor allem, um geschickter und flexibler zu werden. Und weil Kinder ebenso wie Jugendliche meist keine Lust zu klassischen Steckspielen haben, gibt es extra entwickelte Computerspiele. Dabei wird etwa eine besonders betroffene Hand besonders gestützt und trainiert: Sie kann dann den Cursor auf dem Bildschirm so steuern, dass ein virtueller Apfel nach dem nächsten in einen Einkaufskorb gelegt wird.
Apropos unterstützen: Gehen ist für Spastiker oder für Schlaganfallpatienten häufig alles andere als eine selbstverständliche Tätigkeit des Körpers. Deshalb hilft ihnen ein Therapieroboter, vom Hersteller Lokomat genannt, dabei: Mit seiner Unterstützung kommen sie auf einem Laufband in Bewegung und können in Haltegurten normale Schritte tun, zu denen sie von computergesteuerten Elektromotoren angeregt werden. Sensoren setzen diese Bewegungen fort oder korrigieren sie – und der Patient kann auf einer Leinwand verfolgen, wie er läuft.
Die aktuellen Entwicklungen zeigen, wohin die Reise in der Reha geht – Roboter, Computer und das Internet spielen eine immer größere Rolle. Selbst das Prinzip des Online-Bookings der Fluggesellschaften wird inzwischen auf die Kliniken übertragen: Musste man früher stapelweise Papiere mit der Hand ausfüllen, bevor man aufgenommen wurde, bekommt man heute in verschiedenen Reha-Einrichtungen vor dem Aufenthalt seine individuellen Zugangsdaten zugemailt. Online wird dann der Anamnese-Bogen ausgefüllt, und die Klinik übernimmt die Daten nach kurzer Prüfung in ihr System. Demnächst könnte übrigens auch ein Teil der Nachsorge über den PC funktionieren – durch Live-Videokonferenzen, bei denen es darum geht, sich in Sachen Ernährung oder Bewegung zu schulen und fortzubilden. Reha bleibt also interessant und dynamisch…
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