Dienstag, 20. Juni

Rückenwind für Landärzte?

Studienreform

Redaktion: ichbinarzt.de

Studenten, die sich für eine spätere Tätigkeit als Landarzt verpflichten, sollen leichter einen Studienplatz in Medizin bekommen.

shutterstock_1119746273.jpg

shutterstock 1119746273

Die sinkende Zahl von Ärzten in strukturschwachen Regionen wird seit Jahren beklagt.
Schon heute fehlen vor allem außerhalb von Ballungsräumen bis zu 2600 Hausärzte. Nur die Hälfte der Ärzte, die ihre Praxen schließen, ist erfolgreich bei der Suche nach einem Nachfolger.
Laut Sachverständigenrat für die Begutachtung im Gesundheitswesen fehlen in zehn Jahren etwa 20.000 Hausärzte.

Eine Idee brachte der ehemalige Gesundheitsminister Philipp Rösler in die Diskussion. Warum nicht eine Quote für Landärzte einführen und Studenten bevorzugt einen Medizinplatz zuweisen, die später als Arzt auf dem Land arbeiten wollen? Ehemalige verfassungsrechtliche Bedenken scheinen ausgeräumt. In einem Gutachten im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums kommen Prof. Dr. Mario Martini und Prof. Dr. Jan Ziekow zum dem Schluss, dass sich die Idee „verfassungskonform ausgestalten“ ließe.

Bedenken gibt es unter anderem von Seiten der Mediziner. Die „Gefahr eines Arztes zweiter Klasse“ sieht der Hartmannbund. „Ein solches Instrument würde Medizinstudierende in ihrer Lebensplanung und später bei der Wahl ihres Arbeitsplatzes enorm einschränken“, so die Feststellung des Präsidenten der Bundesärztekammer, Professor Frank Ulrich Montgomery, gegenüber der „Ärzte Zeitung“. Niemand wisse vor dem Beginn des Studiums „für welche Fachrichtung und Lebensplanung er sich nach Erhalt der Approbation entscheiden möchte“, so die Position der Klinikärztegewerkschaft Marburger Bund.
Kritische Stimmen kamen auch von politischer Seite. Junge Menschen sollten sich „aus Überzeugung und mit Herzblut für den Einsatz im ländlichen Raum entscheiden“, äußerte Maria Michalk (CDU) gegenüber dem „Tagesspiegel“.

Junge Mediziner kritisieren Gängelung

Eine Gängelung und Einschränkung sehen auch die angehenden Mediziner selbst. Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (BVMD) übte scharfe Kritik. Es sei eine „Zumutung“, von jungen Menschen zu verlangen, „sich für eine Tätigkeit als Hausärzte in einer unterversorgten Region zu verpflichten, bevor sie überhaupt die Gelegenheit hatten, den Beruf und das Fach kennenzulernen“.

Erste Modellprojekte

Laut Beschluss der Gesundheitsminister der Länder soll den Bundesländern die Chance gegeben werden, eine Anzahl an Medizin-Studienplätze denjenigen zuzuweisen, die sich für eine Tätigkeit als Landarzt verpflichten.
Erste Schritte der Umsetzung sind getan. Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt vergibt seit 2016 im Rahmen eines Modellprojektes Stipendien an der Privatuniversität Witten-Herdecke. Hier unterschrieben die Studenten eine Verpflichtung, nach absolvierter Ausbildung zehn Jahre in Sachsen-Anhalt zu praktizieren.