Freitag, 16. Juni

Überzeugen mit Rhetorik

Kommunikationstechnik

von Hannah Hilgers

Nicht immer sind wir mit Freunden, Familie oder Arbeitskollegen gleicher Meinung. Wenn es dann mal hart auf hart kommt, gilt es, Überzeugungsarbeit zu leisten. Welche Techniken

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Foto: Hannah Hilgers

Wer selbst von seiner Meinung überzeugt ist, sollte in bestimmten Situationen nicht davor scheuen, diese auch an andere heranzutragen. Schließlich hängen viele Gespräche davon ab, wie glaubhaft wir uns und unsere Ansichten präsentieren. Sei es die Bewerbung, die Bitte um ein höheres Gehalt oder eine andere Begebenheit – wer hier für seine Sache werben kann, ist klar im Vorteil. Denjenigen, denen dies noch nicht allzu gut gelingt, wollen wir heute ein paar Tipps mit an die Hand geben.

Eine freie Entscheidung suggerieren

Nichts stellt uns mehr zufrieden, als die Tatsache, frei über Dinge entscheiden zu können. Doch genau das wollen Sie bei Ihrem Gesprächspartner verhindern, wenn es Ihr Anliegen ist, diesen von Ihren Ansichten zu überzeugen. Die Lösung: Suggerieren Sie ihm, er hätte die Wahl. Sie wollen Ihren Vorgesetzten davon überzeugen, Ihrer Fachabteilung bestimmte Zuschüsse zukommen zu lassen. Erläutern Sie ihm all die Vorteile, die dies für Sie, aber natürlich auch für ihn mit sich bringen würde und fügen Sie Ihrer Darstellung den Satz hinzu: „Aber die Entscheidung liegt natürlich vollkommen bei Ihnen!“. Studien haben gezeigt, dass Menschen vor allem in mündlicher Konversation positiv auf solche Aussagen reagieren und sich zumeist so entscheiden, wie es der Gesprächspartner vorgesehen hat.

Rhetorische Framing-Technik

Der englische Begriff „Framing“ bedeutet zu Deutsch soviel wie „einrahmen“ und kann hinsichtlich unserer Absichten erfolgreich als rhetorisches Instrument eingesetzt werden. Ein geläufiges Beispiel ist sicherlich das Bild des halbvollen Glases. Oder ist es halb leer? Sie sehen – es spielt durchaus eine Rolle, ob man die eine oder die andere Formulierung wählt. Das halbvolle Glas deutet auf eine eher positive und optimistische Stimmung hin, das halbleere Glas ist emotional gesehen eher auf der negativen und pessimistischen Seite verordnet. Gleiches geschieht, wenn Sie einen Patienten anhand von prozentualen Werten von einer Therapiermöglichkeit überzeugen möchten. Sie erzählen ihm nicht, dass die Therapie bei 10% der Personen nicht anschlägt. Vielmehr überzeugen Sie ihn, indem Sie darauf hinweisen, dass bei 90% der Personen die Therapie erfolgreich verlaufen ist und er so statistisch gesehen ganz gut aufgestellt ist. Framing funktioniert, denn wer einen bestimmten Gesprächsrahmen vorgibt, erlaubt es seinem Gegenüber zumeist nicht, aus diesem auszubrechen.

Verhalten spiegeln

Nicht jeder ist in der Lage, in der aktiven Gesprächssituation neben dem eigenen Verhalten auch noch die zahlreichen weiteren Faktoren zu kontrollieren, die hier relevant sind. Zumeist ist man sehr stark auf sich selbst fokussiert und mit dem beschäftigt, was man zur Überzeugung seines Gegenübers vorbringt. Doch wer parallel auch noch analysieren kann, wie sich der Gesprächspartner gibt, der ist klar im Vorteil. Imitieren Sie in angemessenem Rahmen die Bewegungen und Verhaltensweisen Ihres Zuhörers und geben Sie diesem so die Möglichkeit, sich mit Ihnen zu identifizieren. Das schafft Vertrauen und ermöglicht es Ihnen schließlich auch, die Konversation zu beherrschen.

Geschlossene Fragen stellen

Einer der einfachsten Tricks, die es bei den Überzeugungstechniken gibt, ist es, geschlossene Fragen zu stellen. So lässt man dem Gesprächspartner so wenig Handlungsspielraum wie möglich und reduziert dessen Antworten lediglich auf die Worte „Ja“ und „Nein“. Wer drei Fragen in Folge mit „Ja“ beantwortet, wird vermutlich auch die vierte, vielleicht entscheidende Frage so beantworten. Natürlich kommt es aber auch hier auf den Inhalt der Fragen an. „Denkst du nicht auch, dass Frau Meier diese Therapie verdient hat?“ ruft Emotionen hervor, indem Frau Meier als hilfsbedürftige Person dargestellt wird, der keine andere als die vorgeschlagene Behandlung zuteil werden darf.

Prinzip der Knappheit

Wer kennt sie nicht, die limitierten Angebote, die uns binnen kürzester Zeit in die Geschäfte locken? Dinge, die nur in begrenzter Anzahl verfügbar sind, wecken Begierde. Menschen haben Angst, etwas zu verpassen, wenn sie sich nicht zu denjenigen zählen dürfen, die vom knappen Angebot Gebrauch machen konnten. Weil sie etwas Besonderes vermuten lassen, funktionieren Begriffe wie „Limited Edition“ – nicht nur in der Werbung. Um andere von Ihrer Meinung zu überzeugen, können Sie das Prinzip der Knappheit anwenden und nur eine begrenzte Verfügbarkeit dessen, was Sie anbieten – zum Beispiel Ihre Arbeitszeit – suggerieren. So machen Sie es begehrlich.

Bedürfnisse ansprechen

Möglicherweise ist es Ihr Anliegen, einen bekannten Gesprächspartner von Ihrer Meinung zu überzeugen. Das ist leicht, denn Sie kennen sich. Gehen Sie auf die Dinge ein, an denen auch Ihr Gegenüber ein Interesse hegt und überraschen Sie ihn nicht mit ihm völlig unbekannten und möglicherweise für ihn uninteressanten Sachverhalten. Kennen Sie Ihren Gesprächspartner nicht, sollten Sie sich entweder vorab über ihn informieren oder aber während des Gesprächs genau auf seine Aussagen achten. So stehen Ihre Chancen höher, bei ihm Bedürfnisse anzusprechen und ihn somit eher von Ihrer Meinung zu überzeugen.

Nähe herstellen

Spüren Sie eine gewisse Distanz zwischen Ihnen und Ihrem Gesprächspartner? Versuchen Sie diese aus dem Weg zu räumen, denn nur wenn Sie beide sich in gewisser Weise nahe stehen, wird es Ihnen möglich sein, Ihr Gegenüber durch ein inhaltlich emotional geprägtes Gespräch zu überzeugen. Setzen Sie dafür zum Beispiel auf angemessene Berührungen wie einen formlosen Handschlag oder ein freundschaftliches auf die Schulter klopfen.

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