Dienstag, 13. Juni

Von Propofol und Kreuzottern

Humor in der Medizin

von Johanna Weiß

Medizin ist eine ernste Sache. Ganz ernst. Trotzdem gibt es immer wieder Patienten und Erlebnisse, die einfach zu komisch oder skurril sind, um nicht darüber zu lachen. Vielleicht ist es aber auch wichtig, dass wir darüber lachen, weil wir so die ernsten und traurigen Seiten unseres Berufes besser überstehen können.

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In der Anästhesie gibt es ein Wundermittel, das einen sanft schlafen lässt und dafür bekannt ist, schöne und vor allem handfeste Träume zu verursachen – Propofol. Einem befreundeten Anästhesisten passierte es zum Beginn seiner Assistenzarztzeit, dass eine Patientin nach der OP beim Aufwachen sagte: „Boah das war so geil, mach das nochmal mit mir!“. Das fand natürlich das gesamte OP-Personal sehr witzig. Allerdings ist es auch schon passiert, dass Patientinnen ihre Anästhesisten nach der OP verklagt haben, weil sie der Meinung waren, dass sie während der OP sexuell von ihm belästigt wurden. Also sollte vielleicht das Midazolam immer in Reichweite liegen, damit die Patienten ihre Träume schnell wieder vergessen.

Obwohl das mit dem Midazolam ja auch immer so eine Sache ist. Viele Patienten werden darunter sehr redseelig. Selbst der schüchternste oder ruhigste Mensch kann dann zur Quasselstrippe mutieren. Ich kann mich noch an eine Patientin erinnern, die uns während einer Darmspiegelung munter von ihrer Affäre mit dem Nachbarn berichtete. Das hatte natürlich eine gewisse Situationskomik inne, wenn man bedenkt, was wir da gerade taten. Auf der anderen Seite kam die Tragik dieser Enthüllung auch nicht zu kurz, denn der arme Ehemann saß treu im Wartezimmer.

Der Klassiker unter den skurrilen Fällen ist der Alltagsgegenstand, der bei bestimmten partnerschaftlichen Aktivitäten im Anus stecken bleibt. Von der Colaflasche über den Tannenzweig bis hin zur Glasvase ist alles dabei. Ich weiß ja nicht, wie das alles immer dort hinein passt, aber diverse Röntgenbilder beweisen, dass es geht. Viel interessanter finde ich da noch, dass es nicht einmal selten passiert. Egal wohin man hört, fast jeder, der im Rettungsdienst oder in der Notaufnahme arbeitet, hatte schon einmal solch einen Patienten. Die OP, die dann vielleicht darauf folgt ist allerdings nicht mehr lustig.

Johanna Weiß ist Kolumnistin für ichbinarzt und heißt eigentlich anders. Sie ist aber wirklich gelernte Arzthelferin, studiert Medizin und arbeitet in einer Hausarztpraxis als Sprechstundenhilfe. Sie hat zwei Jahre lang als Pflegeaushilfe in einem Krankenhaus gearbeitet und auf verschiedenen Stationen Erfahrungen gesammelt. Außerdem ist sie ehrenamtliche Übersetzerin auf der Internetplattform washabich.de. Ihre Spezialgebiete: Medizin, Studium, patientenorientierte Kommunikation.

Während eines Nachdienstes in der Notaufnahme gab uns das EKG eines Patienten Rätsel auf. Er lag auf der angegliederten Aufnahmestation und seine EKG-Ableitung hatten wir im Dienstzimmer auf dem Monitor. Immer wieder tauchten dort Artefakte auf. Doch jedesmal, wenn einer von uns nachschaute, war alles in Ordnung. Die Elektroden saßen gut und das EKG war einwandfrei. Doch nur ein paar Minuten später ging es immer wieder los. Als ich dann erneut das Zimmer betrat, hatte mich der Patient nicht sofort bemerkt und ich konnte sehen, was ihn so aus dem Rhythmus brachte. Er schaute sich heimlich Pornos an und hatte diesmal nicht schnell genug umgeschaltet.

Manchen Patienten scheint dann wiederum nichts peinlich zu sein. Eine Freundin von mir hat während ihres Studiums in einem Schlaflabor gearbeitet. Dort hat sie nachts die Patienten überwacht, die zur Schlafdiagnostik kamen. Einige von ihnen hatten sichtlichen Spaß unter der Decke und das, obwohl sie darüber aufgeklärt wurden

Ich selbst kann mich auch noch an einen ganz armen Kerl erinnern. Der Mann war mit seiner Familie wandern und wollte sich mal eben erleichtern gehen. Nur leider störte er dabei den Schlaf einer Kreuzotter. Das Tier war schnell und der Mann wird wohl nie wieder im Gebüsch sein Geschäft verrichten. Als er bei uns in der Notaufnahme eintraf, war sein Intimbereich auf Faustgröße angeschwollen. Er bekam dann das entsprechende Gegengift und Schmerzmittel. Nachdem alles abgeschwollen war, konnte er aber ohne weitere Schäden wieder entlassen werden. Und ein bißchen konnte er sogar selbst darüber lachen.

Natürlich hält man sich vor den Patienten zurück, wenn ihnen etwas Skurriles widerfährt. Ab und Zu lachen darf man aber schon. Und wie heißt das Sprichwort doch so schön: „Wer den Schaden hat…“ …ihr wisst schon.

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