von Hannah Hilgers
Wer annimmt, das Gehalt sei unsere einzige Triebfeder, die uns Montags morgens aus dem Bett und ins Büro treibt, der irrt. Der Lohn ist schon lange nicht mehr das Maß aller Dinge. Studien zeigen, welche weiteren Faktoren eine Rolle spielen, wenn es darum geht, eine produktive und zufriedene Arbeitsatmosphäre zu schaffen
Hannah Hilgers / Illustration: Timo Cremer
Nicht nur für unsere Arbeitgeber ist es interessant zu wissen, welche Motivation uns im Arbeitsalltag vorantreibt. Zwar setzen diese – stets die wirtschaftlichen Interessen im Blick – oft alles daran, unsere Leistung zu pushen, doch auch für uns selber ist es aufschlussreich zu erfahren, wann wir vielleicht völlig unbewusst maximale Leistung bringen.
Verhaltensökonom Dan Ariely hat einen TEDx-Talk zum Thema „What makes us feel good about our work“ gehalten und dabei einige interessante Fakten vorgetragen, die uns zeigen, wie es um unsere Motivation bestellt ist. Einen Auszug sowie weitere Studien haben wir in Anlehnung an „What motivates us at work? 7 fascinating studies that give insights“ zusammengestellt:
Die Studie: In einer von der Harvard University geleiteten Studie bat Dan Ariely die Teilnehmer zweier Gruppen, Charaktere der Lego Bionicle Serie zu bauen. In beiden Fällen wurden die Teilnehmer mit sinkenden Beträgen für jeden folgenden Bionicle bezahlt: $3 für den ersten Bionicle, $2,70 für den nächsten, usw. Während aber die Bionicles der ersten Gruppe nach Fertigstellung unter dem Tisch verstaut wurden, um am Ende des Experiments wieder zerlegt zu werden, wurden die Bionicles der zweiten Gruppe gleich nach der Fertigstellung wieder auseinandergenommen. Dan Ariely spricht von einem endlosen Zirkel, in dem die Arbeit der Teilnehmer von Gruppe Zwei gleich nach dem Anfertigen wieder zerstört wurde.
Die Ergebnisse: Die erste Gruppe hat im Durchschnitt 11 Bionicles gebaut, während die Teilnehmer der zweiten Gruppe nur sieben Bionicles fertiggestellt haben, bevor sie die Arbeit drangaben.
Das Fazit: Obwohl die Belohnung nicht hoch angesetzt war und auch die erste Gruppe Kenntnis darüber hatte, dass ihre Arbeit am Ende des Experiments wieder zerstört werden würde, hat das zumindest kurze Vorführen der getanen Arbeit hier dazu geführt, die Arbeitsperformance drastisch zu verbessern.
Die Studie: Den Teilnehmern der Studie – Studenten des MIT (Massachusetts Institute of Technology) – wurde von Dan Ariely ein Blatt Papier ausgehändigt, das mit zufällig zusammengestellten Buchstaben bedruckt war. Es galt, Paare von identischen Buchstaben zu finden. In jeder Runde wurde den Teilnehmern ein geringerer Geldbetrag geboten als noch in der vorherigen Runde. Teilnehmer der ersten Gruppe haben zum Schluss ihren Namen auf das Papier geschrieben und es an die Forscher zurückgegeben, welche drüber schauten und es mit einem „Oh, oh“ quittierten, bevor sie es auf den Stapel legten. Teilnehmer der zweiten Gruppe schrieben nicht ihren Namen auf das Papier und die Forscher nahmen ihr Blatt entgegen, ohne sie anzusehen. Die Blätter der Teilnehmer der dritten Gruppe wurden gleich nach dem Aushändigen an die Forscher zerstört.
Die Ergebnisse: Die Teilnehmer, deren Arbeit gleich vernichtet wurde, forderten eine doppelt so hohe Entlohnung, um weiter ihren Aufgaben nachzugehen. Die Teilnehmer der zweiten Gruppe, deren Arbeit aufbewahrt, jedoch ignoriert wurde, forderten fast dasselbe.
Das Fazit: Dan Ariely ist der Meinung, dass das Ignorieren von Leistung fast genauso negative Auswirkungen auf die Performance hat, wie das sofortige Vernichten der Arbeit. Die gute Nachricht daran ist, dass das Motivieren hier offenbar nicht schwierig ist. Die schlechte Nachricht ist jedoch, dass das Eliminieren von Motivation unglaublich einfach zu sein scheint. Passen wir also einen Moment nicht auf, könnte dies enorme Folgen haben.
Die Studie: In einer weiteren Studie gab Dan Ariely den Teilnehmern Origami Paper für Anfänger und bat sie, eine (ziemlich unschöne) Form nachzubauen. Die Teilnehmer sowie jene Personen, die beim Bau zuschauten, wurden am Ende gefragt, wie viel sie für dieses Produkt bezahlen würden. In einem zweiten Versuch bat Dan Ariely einige Teilnehmer, die Form ohne Anleitung nachzubauen, was in einem schwierigeren Prozess und einem noch unschöneren Ergebnis endete.
Die Ergebnisse: Im ersten Experiment waren die Teilnehmer bereit, fünfmal soviel für das Produkt zu zahlen wie jene Personen, die nur beim Bau zugesehen hatten. Im zweiten Experiment weitete sich diese Differenz noch einmal aus: die Teilnehmer waren bereit noch einmal mehr für jene Produkte zu zahlen, die zwar unschöner waren, als die des ersten Versuchs, jedoch ein Vielfaches an Mühe gekostet hatten. Die Zuschauer wollten für das unansehnliche Ergebnis aus dem zweiten Experiment entsprechend noch weniger zahlen.
Das Fazit: Die eigene Bewertung unserer Arbeit ist direkt abhängig vom Aufwand, den wir dafür betreiben. Außerdem nehmen wir mitunter irrtümlicherweise an, dass andere Personen die Arbeit ebenso schätzen, wie wir.
Die Studie: Der Psychologe Adam Grant hat (wie in einem New York Times-Artikel beschrieben) eine Studie im Spenden-Call Center der University of Michigan geleitet, in der ein Student, der in der Vergangenheit selber von einem Stipendium desselben Centers profitiert hat, zehn Minuten lang mit den Anrufern gesprochen hat.
Die Ergebnisse: Einen Monat später verbrachten die Anrufer 142% mehr Zeit in der Leitung des Centers und die Einnahmen erhöhten sich um 171%. Die Anrufer gaben jedoch an, dass sie nicht vom Gespräch mit dem Studenten beeinflusst worden wären.
Das Fazit: Offenbar hat hier eine positive, emotionale Beeinflussung der Anrufer stattgefunden, ohne dass diese Kenntnis davon genommen haben.
Die Studie: Der Psychologe Adam Grant hat eine weitere Studie geleitet, in der er Schilder an den Handwaschbecken in einem Krankenhaus aufgestellt hat, die zum einen sagten „Handhygiene bewahrt Sie vor Krankheiten“ und zum anderen „Handhygiene bewahrt Patienten vor Krankheiten“.
Die Ergebnisse: Ärzte und Krankenschwestern haben an den Waschbecken, an denen auf den Schildern die Patienten erwähnt wurden, zu 45% mehr Seife und Desinfektionsmittel benutzt, als an den anderen Waschbecken.
Das Fazit: Anderen durch das sogenannten „prosoziale Verhalten“ zu helfen, motiviert uns.
Die Studie: Studenten der Harvard University hielten Reden oder führten Schein-Interviews mit Forschern, die währenddessen entweder nickten und lächelten (Gruppe 1) oder den Kopf schüttelten, die Augenbrauen hochzogen und die Arme verschränkten (Gruppe 2).
Die Ergebnisse: Die Teilnehmer der ersten Gruppe beantworteten später eine Reihe numerischer Fragen exakter als die Teilnehmer der Gruppe 2.
Das Fazit: Stressreiche Situation können händelbar sein – es kommt ganz darauf an, wie wir uns fühlen. Befinden wir uns in einer „herausfordernden Situation“, gehen wir davon aus, dass wir die Aufgaben lösen können (so wie die erste Gruppe). Befinden wir uns in einer „bedrohlichen Situation“ erscheint der Schwierigkeitsgrad der Aufgaben überwältigend und wir verlieren den Mut. Wir sind motivierter und performen besser in einer herausfordernden Situation, wenn wir ein stärkeres Selbstvertrauen in uns und unsere Fähigkeiten haben.
Die Studie: Forscher der Hiroshima University haben für eine Studie Studenten Geschicklichkeitsaufgaben bewältigen lassen – einmal bevor und nachdem sie Bilder von Jungtieren oder ausgewachsenen Tieren zu sehen bekamen.
Die Ergebnisse: Die Performance verbesserte sich in beiden Fällen, in denen die Studenten Tierbilder gezeigt bekamen. Eine stärkere Verbesserung wurde jedoch erzielt, als sich die Teilnehmer der Studie Bilder von süßen Welpen und Kätzchen ansahen.
Das Fazit: Die Forscher belegen, dass positive Emotionen, die durch Niedlichkeit hervorgerufen wurden, uns dabei helfen, uns zu fokussieren und unsere Performance vor allem dann zu verbessern, wenn es um Aufgaben geht, die unsere vollste Konzentration benötigen.
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