Donnerstag, 15. Juni

Wohin ins Praktische Jahr?

Den passenden Arbeitgeber auswählen

von Johanna Weiß

Nach zehn Semestern Theorie freut man sich, wenn man endlich auch mal praktisch arbeiten kann. Anamnesen erheben, Patienten untersuchen, Blutabnehmen, Flexülen legen und viele andere Aufgaben darf man als Student dann übernehmen. Vor allem gibt es aber viele neue Dinge zu Lernen. Doch wo kann man das am besten und wie entscheidet man sich, in welchem Haus man sein Praktisches Jahr absolvieren möchte?

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Brett Jordan | unsplash.com

Bei mir ist es auch langsam soweit. Gerade läuft die Anmeldungszeit für das Praktische Jahr, das ab Mai 2014 beginnt. Ich muss mich entscheiden, in welche Krankenhäuser ich möchte. Natürlich wäre es toll, wenn ich irgendwo hinkomme, wo ich auch ein wenig Geld bekomme, denn nebenbei arbeiten kann ich dann kaum noch. Noch wichtiger ist es mir aber, dass ich auch wirklich viel lernen kann. Ein Jahr später soll ich schließlich als Ärztin arbeiten. Wie findet man also das perfekte Krankenhaus?

Zuerst fragt man natürlich Leute, die das PJ schon hinter sich haben oder aber mittendrin sind. Da erfährt man dann direkt, wie der Stationsalltag so aussieht. Die Geschichten, die man dann hört, sind aber zum Teil sehr unterschiedlich. Von „Das war total super!“ bis hin zu „Geh um Gottes Willen niemals dorthin!“ ist alles dabei. Als zweite Möglichkeit gibt es dann noch diverse Internetseiten auf denen man sich Erfahrungsberichte von anderen Medizinstudenten anschauen kann. Manche Berichte machen Mut und Lust auf mehr. Andere sind geradezu gruselig und man traut sich nicht mal im Traum in diese Krankenhäuser zugehen, von denen dort berichtet wird. Also stützt sich die Entscheidung auf zwei Faktoren – wo kann man möglichst gut möglichst viel lernen und wo gibt es vielleicht noch ein wenig Geld dafür.

Es ist bekannt, dass, vor allem in den großen Universitätsstädten, die Krankenhäuser den PJlern gar nichts oder nur sehr wenig zahlen. Klar, viele Studenten wollen lieber am Studienort bzw. in einer großen Stadt bleiben. Die Nachfrage ist also enorm und die großen Häuser brauchen sich keinen Kopf machen, wie sie ihre PJ-Stellen besetzt bekommen. Wenn man Glück hat, erhält man dann eine Essenspauschale von 2,50€ pro Anwesenheitstag. Das macht dann ca. 60€ Gehalt im Monat für eine Vollzeitstelle. Wer kein Bafög bekommt und auf einen Nebenjob angewiesen ist, steht da schon fast auf einem verlorenen Posten.

In kleinen Krankenhäusern, vor allem wenn sie in kleinen Städten liegen, sieht es da schon anders aus. Dort wird um jeden PJler gekämpft. Um wenigstens einige Stellen besetzen zu können, gibt es dann besondere Angebote. Viele Zahlen dann ein kleines Gehalt (meist um die 400€), stellen kostenlose Unterkünfte zur Verfügung und man erhält als Student oft noch täglich ein Mittagessen dazu.

Zur Zeit sind auch einige Debatten im Umlauf, bei denen es darum geht, ob es zukünftig für alle PJler ein einheitliches Gehalt geben soll. Letztendlich muss man als Student ja irgendwie seinen Lebensunterhalt finanzieren. Die Meinungen dazu gehen ziemlich auseinander. Ich habe schon gehört, dass einige Ärzte das sehr unverschämt finden. Schließlich mussten alle ohne Gehalt Praktikum machen und man müsste ja den Studenten erst alles zeigen. Sie würden mehr Arbeit machen, als dass sie welche abnehmen.

Auf der anderen Seite frage ich mich, warum dann alle Krankenhäuser so scharf darauf sind, möglichst alle PJ-Stellen besetzt zu bekommen, wenn die Studenten doch so viel Arbeit machen? Außerdem frage ich mich, ob das alles so bleiben soll, nur weil es schon immer so war und es den Ärzten gegenüber, die im PJ kein Geld erhalten haben, gerechter wäre? Ich glaube, die Zeiten haben sich geändert und die Bedingungen müssen dem ganzen auch angepasst werden.

Aber nicht nur das Gehalt spielt eine große Rolle. Wichtig ist vor allem eine gute praktische Ausbildung. Schließlich soll man in einem Jahr dann das meiste selbst beherrschen und dann auch die Verantwortung dafür übernehmen. Also braucht man Leute, die gewillt sind, einem viel zu zeigen und einen auch mal mehr machen lassen, als nur die ungeliebten Tätigkeiten, wie Blut abnehmen, Arztbriefe schreiben oder Haken halten im OP.

Vor allem aus kleinen Häusern hört man dann viel Gutes. Wenn man den ganzen Erfahrungsberichten glauben darf, ist man als Student dort viel besser in den Stationsablauf integriert und darf viel mehr machen. Vor allem hat man aber immer einen Ansprechpartner für Fragen. Außerdem beschreiben viele Studenten, dass sie das Gefühl hatten, dass die Arbeit, die sie geleistet haben auch geschätzt wurde.

Aus den großen Häusern, vor allem aber aus den Unikliniken, hört man dann oft genau das Gegenteil. Als Student macht man den ganzen Tag nur, das, was eigentlich kein anderer machen will. Alle Ärzte haben keine Zeit, um dir Fragen zu beantworten oder etwas zu zeigen. Das ist natürlich sehr oberflächlich und trifft sicherlich nicht auf jedes Krankenhaus oder auf jede Station zu.

Deshalb habe ich mich dazu entschlossen beides auszuprobieren. Mein Innere-Tertial werde ich an der Uniklinik meines Studienortes absolvieren. Mal schauen, ob etwas an den Gerüchten dran ist oder ob es vielleicht doch gar nicht so schlecht wird. Außerdem habe ich mich auch ein wenig von den Erfahrungen anderer leiten lassen. Nun werde ich das Chirurgie-Tertial in einem kleinen Haus auf dem Lande absolvieren. Hier ist es in der Tat so, dass alle großen Häuser in den Bewertungen schlecht wegkamen. Ich hoffe, dass ich in einem kleinen Haus wirklich mehr lernen kann.

Und mein letztes Tertial? Das werde ich in der Arztpraxis verbringen, in der ich schon so viele Praktika absolviert habe. Dort weiß ich wirklich, was mich erwartet und, dass meine Arbeit dort sehr

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